Aus Holbergs Zeit

 

    Der Titel lässt aufhorchen!? Zumindest Liebhabern klassischer Musik ist er nicht fremd. Diesen klingt Edvard Griegs „Suite im alten Stil“ op. 40 für Streichorchester im Ohr, die der Komponist ursprünglich für Klavier komponiert hat und die sich bis heute großer Beliebtheit erfreut. Anlass für die Komposition war der 200. Geburtstag des Namensgebers Ludvig Baron Holberg, ein Landsmann des Norwegers Grieg. Die Feierlichkeiten fanden im Jahre 1884 in Bergen statt, wo sowohl Holberg als auch Grieg geboren wurden.

    Wer war nun Holberg? Kein rechter Norweger, denn obwohl in Norwegen geboren, sprach und schrieb der Sohn dänischer Eltern dänisch und verbrachte den Großteil seines Lebens in Kopenhagen. Ebenso kein rechter Baron, denn seinen Titel erkaufte er sich, als er zu Ansehen und Geld gekommen war. Und auch aus der Musik des Romantikers Grieg ist nicht viel über Holberg zu erfahren; angeblich „im alten Stil“ komponiert, enthält sie doch keine Anklänge an den musikalischen Barock, der zu Holbergs Zeit aktuell war. 

    Holberg selbst, er lebte von 1684 bis 1754, widmete sich eher dem Recht, der Philosophie und der Literatur als der Musik. Darüber hinaus verfasste er historische und pädagogische Schriften. Als Aufklärer war er ein Moralist. Das zeigt sich auch in seinen Romanen und Theaterstücken. Als Dramatiker erwarb er sich den Ehrentitel eines „nordischen Molière“, denn zahlreiche Komödien stammen aus seiner Feder, die von den französischen Klassikern und der italienischen Commedia dell'arte beeinflusst wurden. Bis heute findet Holberg nicht nur in Dänemark sein Publikum. Einzelne seiner Stücke stehen auch in Deutschland und anderswo hin und wieder auf dem Spielplan. Die bekanntesten wurden im selben Jahr – 1722 – uraufgeführt: „Der politische Kannegießer“, die erste dänische und nunmehr Dänemarks Nationalkomödie, sowie „Jeppe vom Berge“. Es handelt sich dabei um Charakterkomödien, die Stammtischpolitik und Selbstüberschätzung satirisch aufspießen. Um Schwatzhaftigkeit geht es in Holbergs Stück „Meister Gert Westphaler oder Der geschwätzige Barbierer“. Mit dieser Komödie hat Holberg schon früh der Stadt Kiel einen Platz in der Literatur gesichert. In seinem Lustspiel lässt er seine Hauptfigur ständig über eine Reise von Hadersleben nach Kiel schwadronieren. Dieser Running Gag enerviert nicht nur die anderen Figuren, sondern auch die Zuschauer, denn – so lautet eine im Stück vertretene Einsicht – „von einer kleinen Reise nach Kiel kann man eben nicht viel sagen.“

    Ob Holberg jemals nach Kiel gereist ist, darüber kann man heute ebenfalls nicht viel sagen. Die Kieler schert das nicht. Sie widmeten dem Humoristen und Moralisten den Holbergpfad in Mettenhof.

 

Walter Arnold